Hallo Demo, Anwohnerinnen und Anwohner!
Wir sind die Rigaer94, ein bedrohtes Hausprojekt in Friedrichshain, dass einem korrupten
Soziopathen mit Namen Suitbert Beulker gehört, der im Februar letzten Jahres mit aller Gewalt die
Räumung des Hausprojekts Liebig14 durchgesetzt hat, welches damals bereit war, ihm das Haus
abzukaufen. Skrupellose Eigentumsfetischisten wie Beulker oder vom Menschen völlig entfernte
Investionssoziopathen, das sind die Partner auf die das moderne Berlin baut und die sich hier frei
austoben können – über Jahre ermöglicht durch den rot-roten Senat.
Der Wind in der Stadt hat jedoch, im Umgang mit dem Thema Gentrifizierung in den letzten drei
Jahren merklich gedreht. Wir haben es noch in den Ohren, wie sie sagten, Luxusautos zu
verbrennen, das sei „unpolitisch“, das Werk von Gewalttäterinnen und Chaoten denen es nicht um
Inhalte geht. Farbbeutel wurden Delikte für den Staatsschutz, das Räumen von Menschen aus ihren
Wohnungen eine Aufgabe für einen hochgerüsteten Polizeiapperat. Gleichzeitig sahen wir, wie ein
Haus nach dem anderen „luxussaniert“ wurde, sahen Townhouses und Carloft. Sahen wie sie
während sie uns vertreiben, auf perfideste Art und Weise mit uns Werbung machten. Wir sahen
voller Wut und mit geballter Faust wie Menschen aus ihren Wohnungen von dreisten
Vermieterinnen und Investoren mit allen – auch gerne rechtswidrigen – Mitteln rausgeekelt wurden.
Sie hatten die Frechheit uns vorzuwerfen, das wir bestimmen wollen, wer wo lebt. Dabei
unterschlagen sie einen wesentlichen Aspekt: Die, die das Geld haben entscheiden wer wo lebt –
unsere bescheidene Antwort darauf war lediglich das Recht auf Widerstand. Dieses Recht auf
Widerstand nehmen wir uns und werden sicher nicht auf die Idee kommen, höflich danach zu
fragen! Und dieses Recht sollten sich alle zu Eigen machen, die der Profitlogik und
Gewinnmaximierung ein Recht auf Wohnen, ein Recht auf Stadt, ein soziales Leben entgegensetzen
wollen.
Wir haben die ehemalige SPD-Mietervertreiberin Junge-Reyer noch in den Ohren wie sie von
entspannten Märkten spricht. Wie sie Berlin mit Städten wie New York, dem plastischem London
oder dem langweiligen München verglichen, und außer Acht ließen was diese Stadt ausmacht, und
vor allem, dass das was sie ausmacht nicht die Finanzkraft ist. Sowieso sind die Berliner
Einkommen im Bundesvergleich unter den Großstädten die Geringsten. Bis zum Erbrechen wurde
vermieden die Fakten auf den Tisch zu legen und sich einzugestehen: Berlin wird teurer, teurer, und
teurer! Während Wowereit sich einst die einfältige Rechnung machte, das teure Mieten ein Zeichen
für steigenden Wohlstand seien, beschwerten sich die Berliner Randbezirke über die steigende Zahl
der Erwerbslosen die aus der Innenstadt verdrängt in Stadtteile wie Marzahn oder Spandau ziehen
mussten. Doch nach drei Jahren haben auch die Medien die Sensibilität erhöht, fangen an sich zu
Empören. Es scheint manchmal fast ein Gewinn zu sein, wenn Zeitungen nach Besetzungen auf die
angespannte Wohnungsmarktlage aufmerksam machen, anstatt flach und dummhörig wieder über
Chaoten zu schwadronieren. Wenn sie Mieterinnen eine Stimme geben, wie den Bewohnern eines
Moabiter Mietshausen, denen vom Vermieter die Fenster zugemauert wurden während nebenan
„Gehobenes Wohnen“ entsteht. Eine offene Kampfansage an die Bewohnerinnen.
Dennoch, es gibt Hoffungsschimmer, und solange sich Menschen wehren, ist dieser Kampf nicht
einfach ad Acta gelegt. Letztlich stimmt uns positiv, wie viele Mieterinnen sich mittlerweile
organisieren. Auch diese Demo heute ist ein guter Ansatz dafür, auch wenn sie nur der
Motivationsschub sein kann, für engagierte Arbeit und Stadtteilpolitik, die wichtig ist, wenn wir
auch in Zukunft gemeinsam hier leben wollen. Wir „Linken“, wir „Autonomen“, wir sind in erste
Linie auch nur Nachbarinnen und Nachbarn. Genau so sollten wir uns auch begegnen, auch wenn
das nicht immer leicht fällt. Im Kampf gegen die Gentrifizierung wählen wir vielleicht Mittel, die
nicht allen gefallen, aber wenn wir zurück schauen, meinen wir – Ohne die Momente in denen es
bei den Profiteuren und Unterstützern von Verdrängung, Armut und Zwangsmaßnahmen nicht
knallt, ohne die schiere Wut die sich bei Räumungen, bei Luxussanierungen und Verdrängung
entlädt: Niemand hätte ernsthafte Notiz daran genommen. Unsere Prämisse dabei – es sollte immer
die Richtigen treffen!
Nun, da die Problematik der steigenden Mietpreise nicht zu leugnen ist, und eine Mieterbewegung
sich im weiteren Entstehungsprozess befindet, wo RentnerInnen anfangen zu besetzen und in
Kreuzberg ein ganzer Block sich gegen die gewalttätige Vertreibung wehrt, wo das Guggenheim
Lab heulend abdampfen musste, sagen wir: Es muss weiter gehen, wir machen weiter!
Ob friedlich oder militant, entscheidend ist der Widerstand!
Neukölln für Alle – Rigaer94 bleibt!