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18 Feb 2014
Wie einigen bereits durch die Berliner Gerüchteküche bekannt ist, bestand für das momentane Kollektiv der R94 das Angebot des Vermieters, ihr Haus über den deutschen Zweig der schweizer Edith Maryon Stiftung zu kaufen. Diese hätte ihm das Grundstück abgekauft, während wir, beispielsweise mit dem Miethäusersyndikat, das Haus erworben hätten.
Dieses Angebot haben wir nach etlichen Stunden der Diskussion abgelehnt. Wir sind uns bewusst, dass unsere Entscheidung nicht für jede_n nachvollziehbar ist, vor allem nicht auf den ersten Blick. Daher dieses kurze Papier, in welchem wir einige Beweggründe für unsere Entscheidung darlegen wollen. Natürlich können und werden wir nicht alle Aspekte beleuchten, dieser Text ist eine Stellungnahme unsererseits und keine Rechtfertigung . Wichtig ist zudem, dass es innerhalb des Hauses verschiedene Positionen zu dem Thema gab und gibt, wir aber alle hinter der Entscheidung, dass Haus zumindest vorerst nicht zu kaufen, stehen. Teilweise beziehen wir uns in diesem Text konkret auf die von uns angeregte, öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Thema in der Kadterschmiede am 15. Januar 2014 .
Das Angebot abzulehnen war keine leicht zu treffende Entscheidung, allerdings gibt es einige Gründe dafür:
einer der Wichtigsten ist, dass wir Suitbert Beulker (im weiteren Beule genannt), unserem allseits verachteten Hausbesitzer , verantwortlich für die Räumung der Liebig14 und des Vorderhausteiles der R94 sowie einige andere Angriffe auf unser Haus und die hier lebenden Menschen, keine geschätzten 1.5 bis 2 Millionen in den Rachen werfen wollen. Dies empfänden wir als unsolidarisch und als Verrat an den Menschen, die er bereits aus ihrem Zuhause vertrieben hat.
Es ist sicherlich Ansichtssache, ob wir Beule nicht schon in die Knie gezwungen haben, da er selbst den Schritt gewählt hat, uns das Haus zu verkaufen, obwohl er doch früher vollmundig verlauten ließ, er führe den Kampf gegen die R94 „bis zum jüngsten Gericht“.
Natürlich ist es möglich, dass Beule inzwischen ziemlich am Ende ist und die Schnauze gestrichen voll von uns hat. Doch sollten wir bedenken, dass ihm der Erlös aus dem Verkauf der R94 sicherlich wieder auf die Beine helfen wird.
Und wer will das schon ?!
Zum anderen haben Viele von uns Bedenken bzw. zeigt die Erfahrung, dass aus den gekauften Hausprojekten auf lange Sicht keine von deren Kollektiv getragenen politischen Aktionen mehr kommen (damit ist nicht gesagt, dass von Einzelpersonen nichts mehr kommt!). So gab es die berechtigte Sorge, dass es in unserem Haus über die Jahre zu einer ähnliche Entwicklung wie in anderen Projekten kommen könnte, dass es durch das Fehlen des äußeren Druckes zu, nennen wir es mal Nestbautrieb und verstärkten schönerwohnen-Aktivitäten kommen könnte.
Für uns ist der existenzielle Kern unseres Hauses, gemeinsam als Kollektiv politisch aktiv zu sein und uns autonom und kämpferisch zu positionieren.
Ein Aspekt, den viele wahrscheinlich in ihren Überlegungen vernachlässigt haben, ist die Situation des Vorderhauses. Wie die meisten sicherlich wissen, ist der vordere Teil des Hauses vor geraumer Zeit geräumt und schon sehr lange regulär vermietet. Mit einem Hauskauf wäre die 94 Vermieterin dieser Menschen geworden. Für uns unvorstellbar. Zudem zählen Teile des Hauses zu den letzten öffentlich besetzten Räumen in Berlin, die einen großen Wert für uns haben und auch ermutigend sind, da sie trotz Berliner Linie noch immer bestehen und ihre erneute Räumung noch lange nicht in Sicht ist! Für uns ist es demzufolge keine Option, den Besetzerstatus dieser Räume freiwillig aufzugeben. Oder anders: wir wollen besetzten, nicht besitzen!
Wo wir beim zentralen Konflikt über einen möglichen Verrat an unseren Idealen einerseits und dem verständlichen Wunsch der Sicherung autonomer Infrastruktur andererseits sind.
Natürlich dürfen wir beim Thema Sicherheit nicht von den Vorteilen dieser schweigen, es ist sicherlich verlockend, in einem Haus zu wohnen, wo wir uns sicher sein können, dass es nicht geräumt werden kann und zu wissen, dass das Projekt mit fitten Kollektiven (und dementsprechenden äußeren Bedingungen) für 99 Jahre gesichert wäre. Einem Ort also, in dem wir uns frei entfalten können, ohne Druck von einem oder einer Vermieter_in. Zu Letzterem wollen wir allerdings klarstellen, dass wir schon immer ziemlich unabhängig von Beule waren und ganz einfach auf seine Meinung geschissen haben.
Natürlich müssten wir nach einem Kauf auch das komplette Haus grundsanieren, was gewiss auch positiv zu bewerten ist, aber dies und die neu dazukommenden Verwaltungsaufgaben (Direktkredite finden,Verwaltung einer GmbH etc..)würden viele unserer Kräfte binden, die wir dementsprechend von wichtigeren Angelegenheiten abziehen müssten. Und das ist es uns einfach nicht wert. Oder, wie es einer unserer Mitbewohner ausdückte:
„Wir Kämpfen für unsere Ideale nicht für Zentralheizungen !“
Außerdem würden als Folge des Hauskaufs die Miete ganz schön steigen und wir damit unter viel größerem finanzielle Druck stehen.
Daher sind wir letztendlich zu der Entscheidung gelangt, die Edith Maryon Stiftung zu bitten ihr Angebot aufrecht zu erhalten, da in zwei bis drei Jahren das Kollektiv schon wieder ganz anders aussehen könnte und einem Kauf ja vielleicht eher geneigt ist.
Doch für große Teile des jetzigen Kollektives ist ein Kauf nicht vereinbar mit unseren politischen Idealen und unserem Verständnis davon, was die Rigaer 94 für uns bedeutet.
Niemals Aufgeben!
Unsere Leidenschaft für die Freiheit ist stärker als jede Autorität!
R94