Kategorien

Links


Archiv


Meta

Archiv October, 2016

Aufgebrochene Türen, durchwühlte Zimmer, eine verzweifelte Soko LinX, ein letzter Abschiedsgruß von Henkel. Was wir jetzt brauchen ist entspannt bleiben, keine Aussage machen, nicht Spekulieren, sich treffen, kreativ werden und Solidarität zeigen.
Einige solidarische Menschen haben sich schon getroffen und miteinander geredet und beschlossen heute (27.10.16) um 19:00 am Dorfplatz (Rigaer Straße ecke Liebigstraße) eine Kundgebung zu machen…
Wir kommen und wir hoffen ihr auch.

Warum?:
Gestern wurden einige Gefährtinnen von den Bullen unsanft aus dem Schlaf gerissen. Ihnen wird vorgeworfen, sich an einer Fahrrad-Demo, die sich gegen den Bullenterror auf die 94 richtete, beteiligt zu haben. Natürlich gilt der Angriff nicht nur den direkt Betroffenen, sondern euch allen. Euch die sich täglich solidarisch gegen Kapitalistische zustände stellen.

Daher wollen wir unseren Freundinnen zeigen, dass sie auch mit der Repression nicht alleine sind. Somit hoffen wir möglichst viele von euch um 19.00 am Dorfplatz zu sehen. Jedes Zeichen von Solidarität wird in diesen kalten Tagen gebraucht also kommt vorbei, seid Laut, bringt Ideen mit und überlegt euch auch anderweitig wie ihr gegen die repressiven Zustände aktiv werden könnt.

Seid bunt, seid Zerstörerisch und pssst bei den Bullen

Im Anschluss gibt es in der Kadterschmiede Essen mit Vortrag und Dikussionsveranstaltung: “Strategien bei der Verteidigung besetzter Häuser am Beispiel der Ekhofstraße in Hamburg”. Und weil wir gestern aufgrund der Ereignisse nicht dazu gekommen sind, würden wir uns auch freuen das Thema “Verhandeln” in die Diskussion eifließen zu lassen.

Kurze hintergrundinfos zu den Hausdurchsuchungen vom Tagesspiegel

  • Comments Off on Solidartät mit den Betroffenen der Hausdurchsuchungen
  • Kategorie: Statements
  • Wenn der Rauch sich legt

    Gefunden auf: https://linksunten.archive.indymedia.org/en/node/196160/

    Als am 22.6.2016 der Tag X wegen der Teilräumung der Rigaer 94 ausgerufen wurde, machte sich bei uns ein mulmiges Gefühl breit. Keine*r wusste was wir davon halten sollten. Die Vorbereitungen wirkten weit weg und die verstaubten Pläne mussten erst wieder aus irgendwelchen Schubladen gekramt werden. Ein eindeutiger Angriff auf unsere Strukturen, keine Frage jetzt muss gehandelt werden! Am darauf folgende Morgen gab es ein Gefühl der Trauer um die verlorenen Räume, aber auch ein erhabenes Gefühl der Stärke. Die message war klar geworden, jede Räumung hat ihren Preis!

    Vom ersten Tag an waren wir überrascht wie sich die Welle der Solidarität ausbreitete, dass es gelang Leute zu aktivieren die sicher selber noch nie in der R94 waren und keinen direkten Bezug zu dem Haus oder der Kneipe „Kadterschmiede“ hatten und über die dortige Subkultur eher schmunzeln. Wie war es möglich, dass das geschah wonach wir uns immer wieder sehnen. Einen gemeinsamen Kampf zu führen, von Solidaritätsbekundungen zu wilden Demos und brennenden Autos und das nicht vereinzelt, sondern massenhaft und überregional? Was geschah, dass sich die Welle des Widerstandes soweit ausdehnte und solange anhielt und sich dabei selber verstärkte? Übernächtigt, von den paar Stunden Schlaf die für uns erst nach Sonnenaufgang möglich waren, erschöpft von den Stunden der Dunkelheit in denen wir eine Drohkulisse bedienten, an der bereits Monate zuvor gearbeitet wurde, an die wir jedoch selbst noch gar nicht glaubten wollten. Waren wir jeden morgen aufs Neue überrascht, dass es doch so viele waren die es uns gleich taten und den Schatten der Nacht nutzten um diese dunklen Zeit mittels Farbkleckse und Feuerschein zu erhellen. Wir versuchen nun die Frage zu ergründen wie genau dies möglich wurde. Dabei werden wir zunächst die Protestlandschaft in Berlin kartogaphieren. Hierzu werden wir einen historischen Rahmen beschreiben um dann die lokal/räumlichen, thematischen und politischen Bezugspunkte zu bestimmen. Die jeweiligen Bezugspunkte verbinden wir hierbei zum einen mit der R94 als auch untereinander, um ein Netz zu spannen welches wir mit dem Schlagwort der kollektiven Identität umschreiben wollen. Im zweiten Teil versuchen wir dieses Netz zu untersuchen, in dem sich diese kollektive Identität gebildet hat und wie sie sich im Verlauf der Juniwochen wandelte. Schlussendlich möchten wir die Eigenschaften des Konfliktfeldes welches sich hier eröffnet hat betrachten. Auch wenn jeder Konflikt seine eigene, individuelle Schöpfungsgeschichte hat und dessen Verlauf sich stets unergründlich ergibt, so versuchen wir die hier spezifischen Ursprungselemente heraus zu filtern .

    Spannen wir also das Netz in dem wir den historischen Hintergrund aufzeigen und dessen Bezugspunkte bestimmen.

    Geschichte wird gemacht

    In dem der historische Rahmen eine Form der Überkategorie bildet, in der die jeweiligen Bezugspunkte einsortiert werden, stellt er für uns gewissermaßen den Raum dar in dem wir das Netz aufspannen möchten. Wir können keinen der lokal/räumlichen, thematischen und politischen Bezugspunkte ohne die Geschichte der besetzten Häuser und den Kampf um Freiräume in dieser Stadt betrachten.

    Kaum etwas ist tiefer im berliner Bewusstsein verankert als der Kampf um Freiräume und besetzte Häuser. Jede*r politisch Aktive durfte schon mal einen der unzähligen Besetzerstories aus den guten alten Zeiten lauschen, hat mal etwas über die Schlacht um die Mainzerstraße gehört oder zum Rauchhaussong getanzt. Selbst im Mainstream ist Vielen bewusst wie diese Bewegung das Stadtbild bis in die heutige Zeit prägt. Sie ist also Teil nicht nur linksradikaler oder linker Protestkultur sondern ergänzt das Stadtimage eines wilden und bunten Berlins. Unserem Widerstand sei dank, erzählt die Stadt weiterhin die Geschichte der Freiräume und der Kämpfe die dabei in uns weiter leben.

    Diese linksradikale Geschichtsschreibung lebt auch für die jeweiligen die gar nicht selbst dabei waren, die aber dennoch Teil dieser Erinnerungsgemeinschaft sind und die Deutungsprozesse selbstverständlich mit durchlaufen und in die eigene Identität mit einbauten. Dies geschieht allen Widersprüchen und Differenzen, wie die Auseinandersetzung um Instandsbesetzung zum Trotz. All diese unterschiedlichen Geschichten werden bei den Zuhörer*innen zu einer Gruppenerzählung, die ständig aufrecht erhalten und weiter geschrieben wird. Die daraus entstandene Infrastruktur, 25 Jahresfeier hier und dort, das herbei Träumen von rituellen Riots wie nach der Mainzer Straße, die Bullenbelagerung der von Geflüchteten besetzten Gerhard- Hauptmann- Schule. So verwundert es auch nicht, dass es erst kürzlich noch Versuche gab ein Social Center for all zu erkämpfen.

    All diese Erfahrungen bilden also den Hintergrund auf dem all die folgenden Erzählungen aufbauen. Die Zeugen werden erneut einberufen, die Geschichte der vergangenen Zeiten wurde durch die Belagerung der R94 aktiviert, wiedererweckt und fortgeschrieben.

    Bezüge statt Beziehung –über(s)leben in den Parallelwelten

    Wir haben nun den Rahmen aufgezeigt aus dem sich die lokal/räumlichen, thematischen und politischen Bezugspunkte bildeten und der sie bis heute prägt. Was ist für uns ein Bezugspunkt? Die Bezugspunkte sind im jetzigen Fall für uns ein Sammelbegriff unterschiedlicher Akteur*innen die eine Verbindung mit der R94 eingegangen sind. Unter Lokal bzw. räumlich fassen wir jene Aktuer*innen zusammen die in räumlicher Nähe zur R94 stehen, der Bezug erfolgt hierbei über die gemeinsamen Erfahrungen innerhalb des Gefahrengebiets. Mit dem thematischen Bezug fassen wir all jene zusammen die sich innerhalb der stadtpolitischen Bewegung mit der R94 solidarisch erklärt haben, eine Verbindung besteht im thematischen Bezug über den Kampf gegen die Verwertung des Raumes. Die Beziehung der Autonomen ist für uns politisch begründet und zeichnet den letzten Punkt aus, sie erfolgt über eine ähnliches Weltauffassung. Die Bezugnahme folgt bei den jeweiligen Akteur*innen unterschiedlichen Intentionen und zeigt sich durch verschiedene Äußerungsformen.

    Über die jeweilige Zusammenfassung in den Bezugspunkten versuchen wir exemplarisch die Eigenschaften der jeweiligen Verbindung zur R94 herauszuarbeiten, denn diese Verbindungen bilden das Netz in dem sich die politischen Strategen verfangen haben. Innerhalb der jeweiligen Bezugspunkte besteht eine weitreichende Heterogenität, bezogen auf Analyse oder Äußerungsformen. Dieser Heterogenität versuchen wir gerecht zu werden. Die jeweiligen Überschneidungen untereinander sind uns bewusst, trennendes Moment ist der jeweilige Ursprungsbezug. Zwischen den jeweiligen Bezugspunkten gibt es Überschneidungen, unterschiedlich ist der inhaltliche Ursprung.

    übers Scheitern

    Nun etwas konkreter: Zunächst zum lokalen bzw. räumlichen Bezug. Räumlich betrachtet liegt die Rigaer 94 neben der Liebig 34, der geräumten Liebig 14, mitten im sagenumwobenen Kilometer Anarchie, nur einen Steinwurf vom Dorfplatz entfernt. Laut Bullenangaben bildet die R94 hierbei das „Schaltzentrale“ in einem Raum staatlicher Ausgrenzung. Ein Raum in dem unsere Sicherheit fester Bestandteil ihrer Unsicherheit ist, in dem wir ihnen zeigen wie brüchig ihre Sicherheit ist, so brüchig wie die zahllosen zerborstenen Scheiben. Dieser begrenzte Raum staatlicher Ausgrenzung, von Bullenpräsident Kanth auch als Rigaer Roulette bezeichnet, bildet die argumentative Grundlage für die Errichtung eines Gefahrengebiets, der Eingrenzung staatlicher Entgrenzung und daraus folgend die Angriffe im Januar auf die Projekte. Oder wie Henkel meint „Ich dulde keine Rückzugsräume für Gewalttäter.“

    Fehlte zunächst rund um die Scharmützel am Dorfplatz eine Bezugnahme der Anwohner*innen, steigerte der Staat mittels systematischer Kontrolle von alles und jede*m der sich im Nordkiez aufhielt, die Entgrenzung des Rechtsstaates. Eine Zuspitzung erfolgt dort wo die “Erfahrungen, die Menschen mit der Polizei machen, [sie] prägen. Wenn sich die Bullen wie BesatzerInnen aufführen und so massiv in den Alltag einer ganzen Gegend eingreifen, dann empfinden das viele Leute als das was es ist: ein Polizeistaat.” Die breite Solidarität des rebellischen Nordkiezes, erfolgte also erst als eine individuelle und direkte Betroffenheit entstand. Sie folgerte also keiner politischen Analyse, sondern ist viel mehr eine emotionale Reaktion moralischen Ursprungs. Der Moralkodex, den ein Bullenstaat gegenüber seinen Schützlingen eingeht wurde über die permanente Kontrolle gebrochen und gipfelte in dem Zusammenschlagen eines Familienvaters. Der Bürgerliche Staat und sein Schutzversprechen gegenüber seiner Bevölkerung wurde nicht eingehalten, vielmehr zeigte sich nun allen im Kiez ganz offen die Kehrseite dieses Sicherheitsversprechens. Die Zuspitzung der Verhältnisse machte diese für alle im Kiez spürbar und skandalisierbar. Das Offenkundige, das zuvor hauptsächlich jenen Marginalisierten im Görli, am Kotti oder den unsicheren Orten betraf, wurde Teil des Alltags und für all jene direkt spürbar die sich im Nordkiez aufhielten.

    Analysierend muss hier reklamiert werden, das dieser Kodex diskursiv verhandelt wird, er sich im gesellschaftlichen Kräftefeld permanent neu und unterbewusst neu bestimmt. Ein Beispiel bei dem sich diese Grausamkeit zeigt ist das Massensterben im Mittelmeer. Das Unglück vor Lampedusa 2013 führte noch zu einer Welle der Empörung und Proteste, nun ist das Sterben im Mittelmeer teil des alltäglichen Hintergrundrauschen geworden. Da braucht es schon Bilder wie die eines unschuldigen toten Kindes das angespühlt am Strand liegt damit sich wer empört. Das permanente Sterben an den Außengrenzen ist eben auch Teil des Spektakels. Rückblickend betrachtet können wir festhalten das es zwei Auslöser für den Bruch des moralischen Kodex gibt, zunächst den des Skandals, welches ein relativer Moment ist und somit eine ständige Steigerung des Skandals, hier der Bullengewalt bedarf, zum Anderen, die direkte persönliche Erfahrung.

    Den lokalen/ räumlichen Bezug zur 94 machen wir also an diesen direkten Erfahrungen im Gefahrengebiet fest, die auf der einen Seite von Bullenrepression gekennzeichnet sind aber auch von der Erfahrung, dass Räume Elemente gesellschaftlicher Re/ Produktion sind, umstritten und veränderbar und in diesem Sinne politisch. Der aus einer Empörung wachsende Widerstand wird da fruchtbar, wo er zu einer selbstbestimmten Veränderung führt, dieser Widerstand ist dann radikal, wenn es dessen Ziel ist die Institutionen zu destabilisieren.

    Der Raum oder was noch von ihm übrig ist

    Den thematischen Bezug stellen für uns die steigenden Mieten da. Von Anfang an zeigte die R94 die Parallelen von Aufwertung der Stadt und dem Räumen der unbeliebten besetzten Häuser auf. Der Bezugspunkt zwischen Widerstand gegen (steigende) Mieten und das Besetzen von Häusern und Wohnraum ist dabei so klar wie die soziale Frage, die beim Enteignen gestellt wird. Stadtpolitik ist das wohl umkämpfteste Politikfeld in Berlin, die thematische Verknüpfung emöglichte es, den Kampf um eine subkulturelle Kneipe mit einer breit vernetzten Bewegung zu verbinden. Aufbauend auf lang existierenden und etablierten Strukturen konnte sich einer tiefen inhaltlichen Verankerung bedient werden. Keine*m in dieser Stadt muss Verdrängung erklärt werden, keine*r kann diese Situation von sich weisen und übersehen. Jede*r einzelne ist in unterschiedlicher Form betroffen. In diesem Sinne wird vereinzelt um individuelle Lösungen gerungen, je nach Einkommen, sozialem Status und Repräsentanz. Die vereinzelten Einzelnen können so nie einen gemeinsamen Ausweg finden, nur nach einem individuellen Umgang suchen, mit dieser so als äußerlich erscheinenden Notwendigkeit. Das Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit gegen die alles verwertende Logik festigt sich auf den von Institutionen normiertem Konfliktfeld. Institutionen wie Mieter*innenberatungen, reformistische Kiezinis, das Quartiersmanagement bis hin zu den selbsternannten Politik- Macher*innen von Interventionistischen Linke bis in die Parteien entschärfen dieses Konfliktfeld, da sie ja schließlichfür die sozial Schwachen sprechen und sie uns das solange einreden bis wir es schließlich glauben. In den von etablierten Verhandlungspartnern bestimmten Raum, wird über normierte Handlungen und normierte Sprache eine normierende Lösung geschaffen. Lösungen wie, Bürger*innenbeteiligung, Mietpreisbremse Mietenvolksbescheiß, Millieu_schutt, sind so normiert wie die Logik dessen Handschrift sie prägt. Alles kaschiert nur eine Frage die wir noch nie beantwortet haben, weil sie nie gestellt wurde, Reform oder Revolution. Und all das ist Teil der normierenden Ohnmacht, das permanente Vorbeten der Auswegslosigkeit. So ist es nicht verwunderlich, dass obwohl wir in den Metropolen enger, dichter und vernetzter sind als jemals zuvor, wir vereinzelter und verlassener den je uns dieser Inszenierung des Schicksals unterwerfen. So stapeln sich in den Platten nicht nur die Stockwerke sondern auch die jeweiligen bloßen Existenzen, eben so kalt und leblos wie die Akten die jede Regung des Daseins dokumentieren, kontrollieren, lenken und unterdrücken. Verwaltete, gestapelte, sortierte Objekte von den einige noch ein wenig zucken. „Aussortieren!“

    Nicht mehr als ein Funke

    Doch wer sind wir? Nicht mehr als ein Körnchen. Die, die sich hier ausdrücken, sind nicht abgrenzbar, nicht zu isolieren, wir sind keine Gruppe, und schon gar nicht ein Haus! Wir, wir sind nicht mehr als eine Position, das ist unser einziger Bezug, diese Position. Uns ging es nie um etwas anderes als diese herrschende Gewalt in all jenen Prozessen zu thematisieren um davon ausgehend Leute dazu einzuladen, eine rein destruktive Haltung zu dieser Realität zu entwickeln. Aus dieser rein destruktiven Haltung dieser Realität gegenüber ergeben sich rein destruktive Handlungen. Sie bilden die Grundzüge eines nicht normierten Konfliktfeldes, ein Konfliktfeld außerhalb institutionalisierter Schlichtungs- und Mediationsverfahren. Wir nutzen unsere Handlungsmacht um die Institutionen zu destabilisieren. Wir nutzen jene Macht die unsere Handlung nicht über das Korsett der Sozialisierung einengt und abschneidet, sondern jene Macht die unsere Handlungen vom Möglichen ableitet. Mittels Handlungen die bewusst jenseits des normierten liegen, negieren wir die normierten Konfliktlösungen. Uns ging es nie um etwas anderes als die herrschende Gewalt in all jenen Prozessen zu thematisieren und in den Augenblicken der Selbstermächtigung aufzuheben.

    Beziehung statt Bezüge

    die Komposition

    Exemplarisch haben wir nun versucht die jeweiligen Bezüge heraus zu arbeiten,zu verbinden um dann die Eigenschaften dieser Verbindung zu eruieren. Es gibt viele Bezugspunkte und daraus resultierende Antriebsmotive die für den Protest förderlich sind. Als kollektiver Akteur als ein wir findet mensch sich erst im Protest zusammen. Die räumlichen/ lokalen, thematischen und politischen Bezugspunkte gingen erst im Rahmen des Protestes, hier um die R94, eine Verbindung ein welche so temporär ist wie der Protest selber. Diese kollektive Identität wird erst im Protest erzeugt und ist nicht dessen Voraussetzung. Uns allen war der Gedanke gemein, allein nichts ändern zu können. Isoliert mit diesem Gedanken verfielen wir in die Tatenlosigkeit einer Depression, oder in die Rastlosigkeit um diesen zu verdrängen. Wir brauchen also diese Kristalisationspunkte um uns zu finden und die Gemeinsamkeit dieses Isolierten Denkens zu überwinden. Wir brauchen diese Kristallisationspunkte um uns gegenseitig zu ergänzen, nur so können wir in einem höheren Stadium gipfeln und die vereinzelten widerständigen Handlungen in einen Protest zusammen zu führen. Dies ist der Grund warum es unserer Meinung nach keinen wirklichen schwarzen Juli gab, er endete fast komplett mit der Rückgabe der Kaderschmiede. Es schien keine unmittelbare Notwendigkeit mehr für den Protest zu geben und somit löste sich das entstandene wir auf, die jeweiligen Bezüge verliefen sich im Alltagsgeschehen.

    Dadurch das die R94 den Kristallisationspunkt dieser heterogenen Akteure bildet, wurde ihr von unterschiedlichen Seiten ein Status zugesprochen der dem Haus eine Geltungsmacht verlieh, das Handlungsfeld zu definieren. Diese Geltungsmacht ist die Grundvoraussetzung der breiten Solidaritätsaktionen gewesen. Sie speist sich zum einen durch die kollektive Zuschreibung und generiert die Kraft durch die gemeinsame Anerkennung. Ein weiteres Element dieser Geltungsmacht ist der historische Rahmen in dem Riots nach einer Räumung fast etwas rituelles sind und in dem aufgezeigten historischen Bewusstsein verankert sind. Auch darf die Bedeutung Berlins und die weit über die Stadt reichende Vernetzung der jeweiligen Bezüge nicht vergessen werden und darin die Rolle die die R94 und die Kaderschmiede darin selber spielt. All dies bilden die Anfangsbedingung durch die die landesweiten Soliaktionen auf einen breiten Resonanzboden aufbauen konnten und die Geltungsmacht auf anderen Ebenen temporär bestätigten. Wie eine Deklaration dessen wirkten da die täglichen Mitteilungen aus dem belagerten Haus, die die unversöhnliche Haltung jedes Mal aufs neue zementierten. Der schwarze Juli war eine weitere ergänzende Handlungsaufforderung, darüber hinaus wurden die Nachtschwärmer*innen durch Indymedia Kommentare weiter ermutigt. Die Worte wurden der Welt angepasst und die Welt passte sich den Worten an.

    Die Ablehnung einer normierten Konfliktlösung generierte eine Verpflichtung zum Handeln. Keine Scheinlösung, keine Appelle an die Parteien oder Institutionen. Die Notwendigkeit, Gerechtigkeit auf der Straße zu erzeugen, war allen bewusst und prägte die Tage. Kein anderer als die Kämpfenden haben sich diese Aufgabe auferlegt.

    In all diesen Handlungen, dem erzeugen der Gerechtigkeit, kristallisierte sich aus der kolletiven Identität die kollektive Intentionalität. Die sonst so vereinzelten nächtlichen Aktionen wurden kollektiv auf einZiel ausgerichtet, erhielten über die Bezüge eine breite Resonanz, so dass ihre Wahrnehmung verstärkt wurde. Der deklarative Akt der zielgerichteten Handlung, ausgehend von einer bewussten Haltung, hin zu einer bewussten Handlung vertiefte die Identifizierung der Handelnden. Sie, die Identität, machte einen qualitativen Sprung, wir identifizieren uns nicht mehr mit etwas, sondern über etwas. Über die Handlung in Solidarität mit den geräumten Projekt. In den Momenten der Handlung wirkt es wie eine Deklaration, wir geben Zeugnis ab Teil eines Kollektivs zu sein die ihr Tun an dieses Gemeinsamen Ziel ausrichtet. Die unmittelbare Notwendigkeit Gerechtigkeit zu erzeugen wurde zum festen Bestandteil eines Selbstbildes in dem die Ignoranz diesem Thema gegenüber fast wie ein Angriff auf die eigene Person wirkte. Das wir welches sich in den kurzen Nächten und den langen Tagen ausdrückte, war kein abgrenzbares, isoliertes wir, kein wir einer Organisation. Es ist das wir einer Position, in dem wir Einzelinteressen verlassen, uns auflösen in dem wir uns verbinden.

    Beziehung statt Bezüge –

    nur weil ich dich nicht kenne kann ich dich so nehmen wie du bist

    Wer irgendwo im beschissenen Bundesgebiet im Rahmen dieses Kollektivs handelte, sah sein Handeln nicht mehr bloß als ein individuelles, es war Teil eines kollektiven Tuns und dieses Tun wurde deshalb als unser Tun begriffen. Über diese intendierten Handlungen, ergänzt durch gesteigerte Sichtbarkeit und Hörbarkeit, erhielt der sonst vereinzelt stattfindende Regelbruch einen gemeinsamen Kontext und verstärkte sich so selbst. Das Kribbeln beim täglichen öffnen von Indy, das „wir haben die Schmiede zurück bekommen“, das „zwei von uns sind eingeknastet doch gemeint sind wir alle“, all das sind mit Erinnerungen und Gefühle verbundene Ausdrücke eines Kollektivs das sich über die Solidarität gegen die Räumung bildete. Es waren vereinzelte Akteure die im Schatten der Nacht unabhängig voneinander agierten, sich nie begegneten, aber sich in der Gemeinsamkeit des Schaffen wiederfanden ohne von einander wissend, doch umeinander bangten. Nur in dieser Intimität konnten wir einander das anvertrauen was es jenseits der tagelangen Schatten der Nacht nicht gibt, die Angst, die wir nur überwältigen können weil wir sie teilen.

    Jeder ausgelöste Protest ist singulär, zeitlich, räumlich und inhaltlich einmalig. Doch die Proteste, Aufstände und Revolten geschehen, lassen sich weder vorhersagen noch erzeugen sie sind aufflammende Tatsachen, jenseits einer Gesetzesmäßigkeit. Es gibt keine historische Notwendigkeit! Auch wenn wir nicht wissen wann wo und warum, so können wir uns sicher sein das es passiert und uns auf diese Tatsache vorbereiten, uns in den Momenten einordnen und Partei ergreifen, die Moral gegen ein Empfinden eintauschen, uns über etwas zu identifizieren.

    Wir haben den zum Scheitern verurteilten Versuch unternommen, die Struktur welche sich hinter dieser aufflammenden Tatsache verbirgt zu skizzieren um daraus nun Analogien abzuleiten und ein mögliches Grundgerüst erahnen lassen. Entgegen aller Vermutungen haben uns abgebrannte Autos noch nie interessiert, wir interessieren uns für die Struktur dahinter.

    Zunächst denken wir, dass ein historischer Rahmen notwendig ist, ein Diskurs der bestimmte Konflikte und Themenfelder mit einem gemeinsames Gefühl der Stärke verbindet. Einige Kämpfe verfügen über diesen historischen Hintergrund, doch kann dieser Hintergrund erzeugt und neu geschaffen werden, er ist eben selbst historisch. So können wir dies bei den Geflüchteten Protesten beobachten. Darüber hinaus bedarf es unterschiedliche Bezüge, die an einem Punkt zusammenlaufen, eine kollektive Identität bilden, und so dem Konfliktpunkt eine Geltungsmacht zusprechen. Die Geltungsmacht ist kein ausschließlich plurales Moment, so wird sie zum Beispiel bei jedem eruptiven Aufstand in den Bounlieus geschaffen. Die marginalisierten Jugendlichen, die nicht gehört werden, besitzen zunächst keine Geltungsmacht. Erst durch die hunderte abgefackelter Autos und Schulen oder halb verbrannten staatlich gedeckten Prügeltrupps werden sie gehört. Die von den Bezügen zugesprochene oder eben selbst angeeignete Geltungsmacht verleiht dem Konflikt eine soziale Relevanz durch die sie im gesellschaftlichen Kräftefeld eintaucht, dies mitgestaltet. Es entsteht ein Resonanzboden über dem das Geschehen wahrnehmbar wird. Dies ermöglicht es den Protagonist*innen das Konfliktfeld zu definieren. Um einen progressiven Kampf führen zu können, ist ein nicht normiertes Konfliktfeld von Nöten das zum einen die Notwendigkeit zum Handeln erzeugt, zum anderen die Institutionen bewusst destabilisiert. Eine Selbstverstärkung der Aktionen findet in einem Wechselspiel von der unmittelbaren Notwendigkeit, kollektiver Intentionalität und der Rückkopplung von Aktionen statt.

    Es braucht keine Räumung um zu Handeln, wir brauchen diese Anlässe lediglich um zusammen zu kommen. In diesen Zeiten ist alles legitim, alles taktisch was der Strategie dient uns zu verbinden.

    beginnen wir eine intime Beziehung

    mit einer unversöhnlichen Position

    leben wir monogam!

  • Comments Off on Wenn der Rauch sich legt
  • Kategorie: Rigaer94, Statements
  • Wie schon mitgeteilt, erreichte uns bereits Ende August ein „Verhandlungsangebot“ von Markus Bernau, seines Zeichens Vertreter der Eigentümer*in der Rigaer Str. 94. Der Inhalt dieses Angebots (siehe: https://linksunten.indymedia.org/de/node/190409) konnte von uns nicht anders interpretiert werden als ein prozesstaktischer Schachzug in der folgenden Berufungsverhandlung über die Wiederherausgabe der Ka(d)terschmiede und sämtlicher Räumlichkeiten der Rigaer94 an die Benutzer*innen. Ziel sollte unserer Auffassung nach wohl sein, Gesprächsversuche seitens der Eigentümerseite vorgeben zu können. Diese „Gesprächsangebote“ sind allerdings nicht, wie vermutlich erhofft, unbeantwortet geblieben, sondern es gab ein Gegenangebot seitens des Hauses.

    Dieses Gegenangebot wurde, wie zu erwarten, von der Eigentümer*inseite nicht ernst genommen und so haben sich beide Seiten auf anwaltlicher Ebene drauf geeinigt, dass wir uns einfach gegenseitig nicht ernst nehmen. Nun wurde bekannt, dass dieses erste Angebot von Seiten der Eigentümer*in sehr wohl ernst gemeint war, sie allerdings bereit wären über die meisten Punkte in ihrem Angebot zu verhandeln. Markus hat erklärt, dass es der Eigentümer*in sehr wichtig sei, zu einer „einvernehmlichen Einigung und somit einer Lösung für die Rigaer94“ zu kommen.

    Für uns stellt sich nun folgende essentielle Frage: “Wer glaubt ihr dass ihr seid und was ist eigentlich euer Problem?!“

    Das Projekt Rigaer94 existiert seit nunmehr 26 Jahren. Auch die Bewohner*innenschaft des Vorderhauses lebt hier seit etlichen Jahren. Nun kommt irgendeine dahergelaufene Wurst mit zu viel Geld und meint, er kauft die Immobilie Rigaer94 und wir sollen uns jetzt n Kopf machen wie wir mit deren Profitinteressen auf einen grünen Zweig kommen…

    Worüber wir uns sehr wohl einen Kopf machen müssen ist, wie wir geschaffene soziale Strukturen im Kiez weiter ausbauen, wie wir unseren Kiez mit anderen Kiezen vernetzten können und das Projekt Rigaer Str. weiter vorantreiben können. Wie wir es schaffen können, den Ausverkauf des Kiezes und die „Verdrängung seiner Bewohner*innenschaft durch steigende Mieten“, wie Frank Henkel eine seiner Strategien gegen die Bewohner*innen der Rigaer Str. und des angrenzenden Kiezes beschreibt, zurück zu schlagen.

    Das Projekt Rigaer Str. mit seiner engen Vernetzung von Hausprojektbewohner*innen, Nachbar*innen und einem riesigen politischen Solidaritätsumfeld hat sich als politische Kampfzone zwischen allen etablierten Parteien und profitorientierten Investor*innen, die hier einen unerschlossenen Markt sehen, aus dem noch was rauszupressen wäre, und, auf der anderen Seite, der Bestrebung nach Selbstorganisation unabhängig von der kapitalistischen Verwertungslogik etabliert. Dass wir von dieser Unabhängigkeit noch genauso weit entfernt sind, wie von unserer Kiezautonomie, ist aber eben kein Grund einen Schritt zurück zu machen und unseren mit viel Solidarität erkämpften Status Quo weiter ihrer Vermarktungslogik anzupassen.

  • Comments Off on Rigaer94 zu den Verhandlungsangeboten von Anwälten der Eigentümer*in
  • Kategorie: Statements