Wir haben es Anfang Januar selbst erleben müssen: als bei der Großrazzia in der Rigaer 94 das SEK ins Haus kam, hagelte es Beleidigungen, Erdniedrigungen, sowie Schläge und Tritte. Wir haben am eigenen Leibe erfahren, was ein SEK-Einsatz bedeutet. Deshalb möchten wir unsere Expertise anlässlich der beinahe tödlichen Razzia in Neukölln gegen sogenannte „Clan-Mitglieder“ abgeben.

Am 12. April stürmten 220 Uniformierte, darunter 60 SEK-Beamte 16 Wohnungen in Berlin. „Der größte Schlag gegen das organisierte Verbrechen in Berlin seit Jahren“ wird von den Medien gefeiert. Voraus gegangen war eine jahrelange rassistisch aufgeladene Hetzkampagne gegen „arabische Großfamilien“. Hier wird versucht, einer ganzen Bevölkerungsgruppe, die hauptsächlich in Neukölln heimisch ist, mafiöse Betätigungen vorzuwerfen.
Der Polizeieinsatz, der ganze Familien um 4 Uhr früh wie ein Schock getroffen haben dürfte, wird sich im Nachhinein ähnlich den Ereignissen hier in der Rigaer als populistische Aktion ohne rechtliche Begründung erweisen. Einzig und allein die hausgemachte permanente Sicherheitshysterie liefert die Legitimation in der öffentlichen Wahrnehung, welche sich auf die Hauptstadtpresse beschränkt.

Unbedeutend, höchstens ein störender Faktor in diesem Machtspiel, sind die Opfer, die diese Polizeieinsätze hinterlassen. So zum Beispiel „Khalil Al-Z.“, der sich bei den Neuköllner Razzien sofort auf den Boden legte, als er die Kettensägen des Rollkommandos hörte. Aus Erfahrung wusste er, dass Widerstand gegen Bullen, die sich bereits in der eigenen Wohnung befinden, böse, wenn nicht gar tödlich enden kann. Doch auch sein Ergeben bewahrte ihn dieses mal nicht vor den Misshandlungen der Beamten. „Meine Frau und meine kleinen Töchter haben mich in meinem eigenen Blut liegen sehen, sie haben nur noch geschrien.“ Wäre er nach dem Gewaltexzess nicht relativ schnell notoperiert worden, hätte ihn der erlittene Milzriss das Leben gekostet.

„Khalil Al-Z.“ hat deswegen Anzeige erstattet, worauf er von der Polizei wegen Widerstands angezeigt wurde. Dies soll wie immer die Legitimation für die Gewaltanwendung gegen das Opfer liefern und vor Anzeigen gegen Polizist_innen abschrecken.

Wir unterstützen die Version von „Khalil Al-Z.“ aus eigener Erfahrung. Auch wir haben bei unseren Festnahmen während der Razzia klar signalisiert, dass wir keinen Widerstand leisten würden. Dennoch wurden wir erniedrigt und misshandelt. Da es sich bei beiden Razzien vermutlich um die selbe Führung handelt, kann allgemein gesagt werden, dass die mörderische Gewalt System hat.