Vor bald drei Jahren kam Andreas zu uns. Er war von seiner langjährigen Gefangenschaft geprägt und fand bei uns nicht nur Unterschlupf sondern auch Freunde. Wir haben Andreas‘ erste Schritte außerhalb der Knastmauern miterlebt. Von Freiheit wollen wir nicht reden. Wer einmal gesehen hat, wie langjährige Haft die Menschen zurichtet, eine tiefe Angst vor engen sozialen Bindungen erzeugt, gar eine Angst vor der so genannten Freiheit, dem wird der Begriff relativ. Zumal die Gesellschaft draußen alles dafür zu geben scheint, dem Wort Freiheit den Sinn zu rauben.

Es war schön zu sehen wie sich Andreas Stück für Stück die Freiheit wieder erkämpft hat. Er zog bald aus der Rigaer94 aus und nahm gemeinsam mit seiner jetzigen Lebensgefährtin das Leben wieder in die eigenen Hände. Bald zog es ihn nach Süd-Italien, dort wo Europa nicht existiert. Als er die Mittel dafür zusammen hatte, machte er sein Versprechen wahr und kehrte der deutschen Gesellschaft, die wohl nie sein zu Hause war für immer den Rücken.

Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm. Er kam zwar gut mit seiner Partnerin an und sie richteten sich in der Nähe einer Kleinstadt 50 Kilometer nördlich von Neapel häuslich ein. Doch ein Streit mit dem Besitzer einer Tankstelle, für den er gearbeitet hatte endete unglücklich.

Seine Gefährtin beschreibt den Vorfall als Notwehr mit Todesfolge. Die Überwachungsvideos der Tankstelle scheinen das zu bestätigen. Denn nach dem er festgenommen und eingekerkert wurde hat ein italienisches Untersuchungsgericht ihn entlassen und unter Hausarrest gestellt.

Die Zeit in Untersuchungshaft war bis zu dieser Gerichtsentscheidung die Hölle. Ein Teil der Familie des Verstorbenen hatte eine Hetzkampagne gegen Andreas und seine Gefährtin gestartet. In sozialen Netzwerken wurde Andreas als kaltblütiger Mörder dargestellt, der die Tankstelle ausrauben wollte. Bis in die lokalen Medien reichte die Forderung nach Blut-Rache. Seine Gefährtin erhielt Todesdrohungen und Andreas durchlebte eine Tortur, da im Knast einige Familienmitglieder des Verstorbenen als Schließer arbeiten. Er wurde täglich verprügelt und mit dem Tode bedroht.

Die Gerichtsentscheidung zum Hausarrest setzte dem ein vorläufiges Ende. Doch der Hausarrest war nur scheinbar eine Erleichterung. Zu permanenten unangekündigten – auch nächtlichen – Razzien der Polizei kam der Hass aus Teilen der Bevölkerung. Durch die Haftverschonung angestachelt mobilisierten die Feinde Andreas‘ zunehmend. Die Rede war von einem vollständigen Vertrauensverlust in die Justiz, die kriminelle Ausländer bevorzugen würde. Mit einem Lynchmob war zu rechnen. Mit der italienischen Polizei natürlich nicht.

So entschloss sich Andreas dazu, unterzutauchen. Auch seine Partnerin verließ Italien. Wir haben mit ihr gesprochen und die sozialen Medien verfolgt. Wir unterstützten die Auffassung von Andreas und seiner Partnerin, dass das Gerichtsverfahren in Italien unter starkem Druck der aufgehetzten Öffentlichkeit steht. Selbst wenn es in höheren Instanzen zu einer Wahrheitsfindung käme, so würde dies jahrelange Untersuchungshaft unter den beschriebenen Bedingungen bedeuten. Das würde nach Aussage von Andreas seinen Tod bedeuten, und sei es weil er des Lebens dann müde wäre.

Nun aber wurde Andreas Anfang August in Sachsen-Anhalt von einem MEK festgenommen. Zunächst kam er in Strafhaft wegen Fahrens ohne Führerschein. Der eigentliche Grund dafür, dass ein Zielfahndungskommando ihm aufspürte ist aber, dass Andreas nach Italien ausgeliefert werden soll. Vor wenigen Tagen erhielt er einen Gerichtsbeschluss, dass er in Abschiebehaft kommt. Ohne anwaltlichen Beistand wurde er bereits zu seiner Auslieferung „angehört“. Er verweigerte jedoch jegliche Kooperation und konnte so das Verfahren verzögern.

Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass Andreas ausgeliefert werden soll. Es steht auch im Raum, das er „nur“ zum Verfahren nach Italien gebracht wird und die Haftstrafe in Deutschland absitzen muss. Die von der italienischen Staatsanwaltschaft geforderte Strafe beträgt wohl 21 Jahre. Und nicht zu vergessen: Verfahren sind in Italien oft eine langjährige Angelegenheit ,insbesondere bei Berufung.

Da wir nicht wissen, was der deutsche Staat mit seinen rebellischen Gefangenen Andreas Krebs vor hat, ist es dringend nötig, Hilfe zu leisten. Eine Abschiebung wäre Andreas‘ Todesurteil. Macht seinen Fall öffentlich und baut Druck bei den Justizbehörden auf, dass sie ihn nicht abschieben.

Der Familie des Verstorbenen, die die Entwicklung verfolgt, sei versichert, dass der Tod von Massimo und die Tatsache, dass zwei Kinder ohne Vater aufwachsen müssen, Andreas und auch seiner Gefährtin tiefen Schmerz bereitet. Es wird Massimo nicht rächen, wenn ein weiterer Mensch zum Opfer dieser Auseinandersetzung wird. Die Justiz wird niemals Gerechtigkeit herstellen! Im Gegenteil: sie hat einen Teil von Andreas bereits auf dem Gewissen!

Freiheit und Glück für die Hinterbliebenen!

Freiheit und Glück für Andreas Krebs und seine Gefährtin, die mit Würde diese dunkle Zeit durchsteht!

Gegen alle Knäste und die Gesellschaft die sie benötigt!

 

Andreas Krebs ist kontaktierbar in der

Justizvollzugsanstalt Volkstedt
Am Sandberg 11
06295 Lutherstadt Eisleben

Seine Lebensgefährtin hat einen offenen Brief geschrieben, zu lesen auf
http://www.abc-wien.net/?p=3921

Plakat von der Solikampagne während der letzten Inhaftierung von Andreas Krebs.