Beim öffentlichen Untersuchungsausschuss zum Attentat vom Breitscheidplatz hat letzten Freitag ein Beamter des MEK ausgesagt, dass der Grund, weshalb die Observation von Anis Amri am 15. Juni 2016 abgebrochen wurde, im Fall der Rigaer Straße 94 liege.

Offenbar wurden die Observationskräfte des LKA ausschließlich auf das Haus, das Umfeld und die Bewohner*innen der Rigaer94 angesetzt. Es waren die Tage, an denen Henkel und seine Kameraden die Räumung und Belagerung der Kadterschmiede vorbereiteten, die eine Woche später, am 21. Juni begann.

Zusammen mit den Erkenntnissen aus den Verwaltungsakten über die Räumung werden hiermit unsere Vermutungen bestärkt, dass für diesen Einsatz alle verfügbaren Mittel der Berliner Polizei angefragt waren und der Einsatz als höchste Priorität vorbereitet wurde. Um so brisanter, dass wir aus dieser Belagerung gestärkt hervor gegangen sind.

Der damalige Innensenator Henkel und die Berliner Polizei müssen sich jetzt ihrem Wahlvolk gegenüber erklären, wieso der Kampf gegen den Friedrichshainer Nordkiez wichtiger war, als die Verfolgung des von ihnen eingestuften „Gefährders“.

Wir dagegen wissen, dass Polizeibehörden den islamistischen Terror stets als drohende Gefahr heran ziehen, um den eigenen Terror gegen die Bevölkerung zu legitimieren und ihre Befugnisse auszuweiten. Es ist offensichtlich, dass die letzten Jahre unserer Kämpfe für Freiräume in Europa Schauplätze der größten Anti-Terroreinsätze der Geschichte darstellten. Der G20-Gipfel, die Räumung der ZAD NDDL, Razzien in Privatwohnungen und Kollektiv-Räumen sowie die Räumung von Besetzungen werden in dieser Zeit mit den gezogenen Knarren der Spezialkommandos, ihren Granaten und Drohnen martialisch durchgeführt. Die Bilder schwer bewaffneter Cops sollen so, auf der Grundlage der lauernden terroristischen Gefahr, zu einem selbstverständlichen Bild bei Einsätzen gegen konstruierte und wahre Staatsfeinde werden.

Jedes anti-terroristische Vorgehen der Polizei – ob gegen Moschee-Gänger*innen, Hausbesetzer*innen oder angebliche Verrückte – werden wir stets verabscheuen und als Strategie der Staatssicherheit enttarnen. Lassen wir uns nicht von der Panikmache vor islamistischem Terrorismus vereinnahmen! Sondern lasst uns übergehen zum Kampf gegen jeglichen staatlichen und religiösen Fanatismus und für die Idee der Freiheit und Solidarität.

Die Leidenschaft für die Freiheit ist stärker als jede Autorität.

 


Presse: taz – Rigaer Straße statt Anis Amri?