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6 Jan 2020
Fast genau zwei Jahren, nachdem wir anonyme Drohbriefe erhalten haben, als deren Verfasser und Absender der Polizeibeamte Sebastian Kayser verurteilt wurde, veröffentlichen die Springer Medien ein Video unter dem Titel „LINKER EXTREMISMUS BERLIN – Nachbarschaftsterror PUR in der Hauptstadt“ (momentan wegen Urheberrechtsverletzungen gelöscht), produziert von dem Ex- Polizisten Nick Hein, der auch für so anspruchsvolle Videos wie „CAPITAL BRA DU SCHWANZ – Anzeige ist raus“ verantwortlich ist.
Sebastian Kayser erlangte die Informationen für seine Drohbriefe durch seine Tätigkeit beim LKA 52 AE, der Auswerteeinheit des Staatsschutz. Seine Partnerin, Zarah Pulver, arbeitete zumindest bis vor kurzem bei der gleichen Dienststelle (Link). Sie veranlasste im Frühjahr 2016 den Abzug der Observationsteams des MEK von Anis Amri, indem sie in ihren Lagebildern und Gefahrenprognosen einige Menschen, die sie unseren Zusammenhängen zurechnet, als die größere Gefahr darstellte (Link). Gleichzeitig kam es im Rahmen der sogenannten „Halle Leaks“ zu einem Datenaustausch zwischen Berliner Polizei und Nazis.
Der Ex- Beamte Nick Hein stellt als Auslöser für seine „Recherche“ ein Lagebild der Polizei zur Rigaer Straße dar, das ihm unerlaubt zugespielt worden sei. In Minute 4:46 des Videos ist auf dem als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ klassifizierten Dokument die Bezeichnung LKA 52 AE ersichtlich, also jene Abteilung die uns schon länger durch ihre kreativen Methoden aufgefallen ist. Von hier wurde auch maßgeblich das Verfahren gegen Isa beeinflusst, welches ganz nebenbei bemerkt, einen anderen Ausgang nahm als in diesem Video dargestellt. Bekanntlich hatte das Landgericht den Prozess gegen Isa mit einigen Teilfreisprüchen, Einstellungen und Anerkennen einer Notwehrsituation beendet, als eine Vorladung der Beamtin Zarah Pulver als Zeugin unvermeidlich erschien. https://verfahrengebiet.noblogs.org/news/
Kaum vorstellbar ist, dass der ehemalige Bundespolizist und mäßig erfolgreiche Kampfsportler Nick Hein mit diesem Video eine eigenständige politische Agenda verfolgt. Zwar vertritt Hein seit einigen Jahren in sozialen Netzwerken und Interviews, eindeutig rechte Positionen und verbreitet mit seinem Grundgesetz-Pullover eine eigenwillige Interpretation des bürgerlichen Rechts, ausgedrückt auch durch seinen Spitznamen „Judge Dredd“, den er sich bei der Bundespolizei in Köln erwarb. Insgesamt wirken seine Auftritte und Videos aber wie unfreiwillige Parodien des Patriarchats und dümmliches Mackertum. Er fungiert dabei als Stichwortgeber für organisierte Faschisten, Extremisten der bürgerlichen Mitte und frustrierte Bullen. Egal ob er sich zu den Silvesterereignissen am Kölner Hauptbahnhof vor einigen Jahren, zur Situation im Görlitzer Park oder zu seinem Freund, dem Suff-Raser Bullen vom Alex meldet, die von ihm kreierten Feindbilder sind immer für die willigen Vollstrecker des Volkszorns geeignet.
Bisherige Versuche von Berliner Politikern und Presse, diesen Zorn gegen uns aufzustacheln, waren nicht sonderlich erfolgreich. Zwar lungerte im Mai kurzzeitig der Nazi Oliver Flesch mit Korkenzieher und Messer in unserer Straße herum, allerdings konnte er anscheinend vertrieben werden.
In dem jetzt zuerst von der BZ verbreiteten Video treten die üblichen Protagonisten auf; Burkard Dregger (CDU) wirkt etwas verwirrt. Nachdem er im September erfolglos im Innenausschuss die Neuschaffung bereits bestehender Gesetze bezüglich Vermummungsverbot, Waffenverbot und Videoüberwachung gefordert hatte, macht er nun Nick Hein zum Erfinder dieses Blödsinns und findet es „sinnvoll was du vorschlägst“ (Minute 17:23). Zuvor hatte dieser Sohn eines NS-Kriegsverbrechers in einem überaus erfolglosen Video auf tv.berlin (83 Aufrufe in zwei Monaten: https://www.youtube.com/watch?v=hDthqAg25CQ), gefordert, „die linke Szene (in unserem Haus) aufzulösen, sie dort zu verdrängen und nicht nur vorübergehend zu verdrängen, sondern endgültig zu verdrängen … das Ziel muss sein, dass der linken Szene dieses Symbolobjekt Rigaer Straße 94 genommen wird.“
Glanzlos auch der Auftritt von Tom Schreiber (SPD), laut Twitter von Nick Hein durch gemeinsame Kampfsport- und Festnahme Seminare mit BZ Nachtfloh gestählt, leiert seine immergleichen Tiraden gegen unseren Kiez herunter. Im September hatten beide Politiker innerhalb einer Woche drei Sendungen im RBB lanciert, selbes Thema ebenfalls unter Vorlage „interner Dokumente“ des LKA.
Die Intention des Videos liegt vielmehr in einer subtilen Drohung.
Nick Hein zeigt wie einfach es ist, einen schlafenden Obdachlosen in
unserem Eingang vorzufinden, dort Parolen zu sprühen (neben „Polizei ist
dein Vater“ sprühte er noch sein Alias „Sergeant“ [siehe Bild oben]
sowie „AZAB“ für All Zecken Are Bastards) und unser Haus technisch
auszuspionieren. Dazu lässt er einen anderen Schwachkopf lachen, während
eine Kalaschnikov im Hintergrund steht (Minute 14:20).
Die Botschaft
ist eindeutig, wir sollen es wissen und auch die Nachbarschaft: hier
ist mit allem zu rechnen. Mit Angriffen „irrer Einzeltäter“ auf unser
Haus genauso wie mit polizeilichen Erstürmungen wie in der
Vergangenheit. Wir sind die Projektionsfläche für alle gescheiterten
Politiker und (Staats-) Terrorist*innen, unerträglicher Störfaktor in
einer durchgentrifizierten Nachbarschaft und gehorsamen
Konkurrenzgesellschaft. Und alles was im kleinen Kreis von Staatsschutz,
Tom Schreiber, Burkard Dregger, der Polizeigewerkschaft und
ausgewählter Medien ausgebrütet wird, soll schon im Vorfeld legitimiert
werden. Das ist ihre Lehre aus dem Desaster Henkels, dessen Versuch
einer nachträglichen Legitimierung von der Realität überholt wurde.
Gleichzeitig sind die wiederholten Leaks von vertraulichen Dokumenten an
bestimmte Medien und Nazis, die gezielte Manipulation von Prognosen und
Lagebildern durch das LKA 52 AE, ohne sich dabei darum zu bemühen etwas
zu verheimlichen (Sebastian Kayser druckte die Drohbriefe an seinem
Dienstrechner aus), ein Ausdruck polizeiinterner Konflikte und des
Aufbegehrens gegen die politische Führung. Diese Konflikte besitzen in
der Berliner Polizei eine gewisse Kontinuität und drückten sich in
Einsätzen wie am 1. Mai 1989 (gegen den Innensenator Pätzold) oder in
der Räumung der Mainzer Straße (gegen die SPD/AL Koalition) aus. Neben
der Beseitigung der Rigaer94 zielen gewisse Elemente der Polizei auch
auf den Innensenator Geisel, dessen rechtsstaatlich-demokratische Maske
sie gerne mit einer Eskalation in unserem Kiez untergehen sehen würden.
Die zahlreichen Gesetzesverstöße in diesem Video sind uns vollkommen gleichgültig, wir prangern sie nicht an. Das Video führt zu einer weiterer Polarisierung in dieser Stadt, was wir begrüßen. Entweder für den Anabolika gesteuerten Drohnenpiloten, gescheiterte Rechtspopulisten und terroristische Elemente des Parastaates – oder für die Selbstbestimmung des eigenen Lebens, die autonome Organisierung des Alltags und rebellische Nachbarschaften.
Rigaer94