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20 Nov 2018
Die Nacht auf Dienstag brachte Bewohner_innen des Nordkiezes in Berlin Friedrichshain wenig Schlaf. Um vier Uhr morgens stand der Bullenhubschrauber über den Häusern, Wannen, Streifen und Zivifahrzeuge fuhren nach ihrem plötzlichem Auftauchen in der Rigaer Straße hektisch in der Gegend umher. Dann um sieben Uhr der nächste Hubschraubereinsatz. Wieder eine Stunde durchdringendes Knattern. Am Dorfplatz fahren daraufhin erneut Einsatzfahrzeuge auf und behelmte Bullen setzen ab. Einige haben Schilde, andere schütteln ihre Pfefferlöscher. Dann ein schneller Sprint zur Haustüre der Rigaer94, wo die Ursache für den zweiten Einsatz steht: eine Feuertonne. Nach einem kurzen Warnruf aus dem Eingangsbereich erfolgt, wie um guten Willen zu demonstrieren, ein kurzer Löschpulverstoß aus dem Briefschlitz in Richtung Feuertonne. Beendet wird der Einsatz wenige Minuten später, indem die Feuerwehr die heiße Tonne abtransportiert.
Der Hintergrund des Vier-Uhr-Einsatzes bleibt im Laufe des Tages unklar. Der Twitteraccount der Berliner Bullen meldet einen angeblichen Unterstützungseinsatz für die Brandenburger Kollegen. Die Erklärung für die Feuertonne um sieben Uhr ist einfach: es ist kalt und die Rigaer94 und ihre Freund*innen schieben Wache, da der Anwalt Markus Bernau gedroht hat, in den nächsten Tagen mit Bauarbeitern die Eingangstüre vorne, die Haustüren zu den Treppenhäusern hinten und im Seitenflügel sowie technische Sperrvorrichtungen zu zerstören. Dass eine Feuertonne in der Rigaer Straße möglicherweise einen Großeinsatz nach sich ziehen würde, müsste allen Beteiligten klar gewesen sein. Die Berliner Bullen geben sich nach ihrem schwer bewaffneten Einsatz letzten Donnerstag gegen drei Wohnungen und die Rigaer94 ohnehin nervös und haben Warnungen an alle Einsatzkräfte ausgegeben, die besagen, dass mit Anschlägen zu rechnen sei.
Die gute Laune und Gesundheit hat sich die vermummte Wachschicht vom Dienstag morgen dadurch nicht ruinieren lassen und getan, was frierende Menschen seit Jahrtausenden tun. Außer der Feuertonne gab es zudem Graffitis mit den Wortlauten „Krieg dem Krieg“, „Brandsätze und Steine gegen Sturmgewehre!?“ und „Solidarität mit den Betroffenen der Razzien“. Nach wie vor entscheidet nicht die Innenpolitik, wie die Straße genutzt und wie das öffentliche Leben gestaltet wird. Mit ihren ebenso gefährlichen wie dummen Einsätzen demaskiert der sozialdemokratische Innensenator nicht nur die freundliche Fassade der Demokratie sondern auch die Propaganda vom allmächtigen Staat.
Die Presse springt in gewohnter Manier ein, um zu retten, was zu retten geht. Los geht es mit der sehenswürdigen polizeilichen Meinungsfreiheit – ganz unverbindlich auf twitter (siehe Bild oben). Es folgen die Tageszeitungen, beispielhaft die B.Z., die die Lügenmeldung schon kopiert hatte und später die zweite Version ebenso schluckte:
Einsatz in Rigaer Straße – Vermummte legen Feuer und attackieren Polizisten mit Feuerlöscher
Nach einem Brand in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain haben Unbekannte am frühen Dienstagmorgen Polizisten mit einem Feuerlöscher angegriffen.
Das teilte die Polizei auf Twitter mit. In einer ersten Meldung hieß es die Polizisten seien mit dem Feuerlöscher beworfen worden. Das stellten die Beamten später aber richtig, vermeldeten, dass der Inhalt des Feuerlöschers gezielt in Richtung der Polizisten vor Ort entleert wurde. Gegen die Angreifer wurde ein Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.
Zuvor war nach ersten Erkenntnissen der Polizei in dem bei Linksextremen beliebten Kiez Sperrmüll angezündet worden. Auch ein Polizeihubschrauber kam zum Einsatz. Näheres zu dem Vorfall wurde zunächst nicht bekannt.
In der Rigaer Straße kommt es immer wieder zu Ausschreitungen und Angriffen auf Polizeibeamte. Erst im vergangenen Oktober wurde ein Polizeitransporter mit Steinen beworfen.
Der gleiche Wortlaut ist beim Kurier sowie bei Morgenpost zu finden. Absurd wird es nochmal bei einem Radiobeitrag im rbb, der behauptet, dass der Hubschraubereinsatz nichts mit der Feuertonne zu tun gehabt hätte.
Auf Twitter entfacht sich einerseits Wut und Hass gegen die Bulleneinsätze, insbesondere die Lärmbelästigung, andererseits kommt es zu den üblichen Äußerungen aus der Mitte der Gesellschaft, die gerne die Abzüge der neulich eingesetzten Sturmgewehre betätigen würde.
Wenn der Anwalt Markus Bernau, der trotz seines Versagens vor Gericht immernoch behauptet, die Eigentümerin der Rigaer94 zu vertreten, seine Androhungen umsetzt – was nicht ohne die Unterstützung der Bullen möglich ist – dann war die heutige Nacht nicht mehr als eine Vorschau auf das Kommende. Es ist zu erwarten, dass dies irgendwann eintritt, weswegen Unterstützer*innen aufgerufen werden, in diesem Fall schnell vorbeizukommen oder anderweitig aktiv zu werden. Heute morgen kamen erfreulicherweise bereits viele besorgte Menschen vorbei um sich zu erkundigen. Um 10 Uhr gab es ein öffentliches Frühstück mit Kaffee und Tee. Auch die nächsten Tage ist dies angedacht.
Bleibt informiert und beteiligt euch am Freitag an der Demo in Solidarität mit den Betroffenen der Razzien!
Freitag, ab 17 Uhr am Kreuzberger Heinrichplatz.
von https://de.indymedia.org/node/26144